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IBA'27 Quartier Backnang West   D-Backnang   2021   2. Phase Wettbewerb

Situation
Bestehende Nutzungen sind Dienstleistung/Gewerbe und wenig Wohnen. Der Gebäudebestand ist alt, viele Gebäude sind im schlechten Zustand. Die Freiräume sind mehrheitlich versiegelt und als Parkplätze entwertet. Das Quartier wird hauptsächlich individuell und motorisiert erschlossen. Der ÖV ist schlecht und die Anbindung an den Bahnhof ist schwierig; zusätzlich erschwert durch die starke Topografie ins Murrtal. Der Fluss selber ist nur versteckt erlebbar. Der vorhandene öffentliche Raum wird primär durch Autostrassen und Parkplätze definiert und besitzt keine Aufenthaltsqualität. Angrenzend an das Quartier befindet sich mit Tesat ein internationaler Arbeitgeber zukünftiger Technologie.

Leitidee
Die Geschichte/Atmosphäre des Ortes wird ausgehend vom Bestand in die Gegenwart und darüberhinaus transformiert. Geplant wird ein Quartier mit Wohnen, Bildung, Arbeiten, Handel und Kultur von hoher kleinstädtischer Lebensqualität; basierend auf nicht anonymisierter Nachbarschaft. Dafür fungiert das verdichtete Wohnen als Hauptkriterium für die Entwicklung der Leitidee. Die geplanten innovativen Wohntypologien entsprechen den Kriterien der Planung eines heterogenen aber dennoch integrativen Quartiers und kultivieren insbesondere durch die Planung des öffentlichen Raums den angestrebten gemeinschaftlichen Charakter. Das Rückgrat der Überplanung bildet die Wilhelmsstrasse / Fabrikstrasse von welchen Verbindungen zu den neuen öffentlichen Räumen und zu einer Langsamverkehrsachse entlang der renaturierten Murr aufgefächert werden. Die Letztere vermittelt wesentlich die Anknüpfung an die Nachbarquartiere. Die Leitidee beruht des Weiteren auf der Berücksichtigung der Grenzen der Grundstücke und Gebäudekonglomerate und konzipiert somit die kontinuierliche Transformation der Nutzungen und Gebäudestruktur. Grundlegend ist die Planung weiterer Fussgängerquerungen über die Murr. Dies unterstützt die Vernetzung über die Arealgrenzen hinaus. Das Quartier wird entsprechend der Leitidee in drei Bereiche mit dem Thema Fabrik gegliedert: Bereich Fabrikplatz / Bereich Fabrikmitte / Bereich Fabrikhof

Fabrikplatz
Die bestehenden Hallen sind als Lernfabrik einer Hochschule geplant mit Einbauten für die nötige Infrastruktur und Aufbauten für Seminarräume, Labore, Büros. Ein Mobilitätshub an der Friedrichstrasse stellt 400PP zur Verfügung. In dessen Erdgeschoss ist ein Supermarkt vorgesehen. Die Parkdecks können später in Büros für Startups bzw. Arbeitsplätze für Tesat umgenutzt werden. Den westlichen Abschluss an der Mühlstrasse bilden Produktive Gärten für die Bewohner*innen. Zentral im Gebiet an der Wilhelmstrasse gelegen bildet ein Fabrikplatz mit dem bestehenden Museum eine öffentliche Zentralität. Die angrenzenden Erdgeschosse der Gebäude sind mit publikumsintensiven Nutzungen geplant, in den Obergeschossen soll gewohnt werden. Desgleichen südlich der Wilhelmstrasse: Hier findet das Thema Wohnen am Wasser mit Pfahlbauten seinen Platz. Aus dem nördlichen Quartier führen Gassen hinunter bis an die Murr. Zwischen den Gebäuden befinden sich gemeinschaftlich genutzte Taschengärten. Im Übergang nach Osten zu Tesat am Brückenkopf wird der Eingang zu einem neuen murrbegleitenden Pfad mit einem höheren Haus markiert. Der Bereich bis zur alte Mühle, geplant als Lesecafé, steht mit der bestehenden JUZE und neuen Musik- Proberäumen sowie Skatepark und Tanzboden nur für die Jugend zur Verfügung.

Fabrikmitte
In Zusammenhang mit den bestehenden Stadtwerken liegt hier das Versorgungszentrum des Quartiers. Mittig platziert dominiert ein langes, abgetrepptes Brückenhaus als neuer Mobilityswitch mit Lastenfahrrädern, Rollern, Parkplätzen und Sharing Angeboten. Auf dem Dach verbindet eine Station für eine Luftseilbahn das Murrtal mit dem höher gelegenen Bahnhof. Eine Bushaltestelle bildet die Verbindung zum Quartier . Zusätzlich ist das Gebäude flexibel als Ausstellungshalle für Messen und Konferenzveranstaltungen nutzbar. Als Brückenverbindung beider Murrufer fungiert es darüberhinaus als Bariere für den motorisierter Privatverkehr. Im Erdgeschoss steht ein grosszügiger gedeckter Aussenraum für Märkte und Aussenverastaltungen zur Verfügung. Im Inneren an den Kernen gibt es eine Dienstleistungsstelle für die Bewohner*innen mit Packstation und Conciergeservice. Ost- und westseitig werden die Gebäude der Stadtwerke durch zwei Turmhäuser mit studentischen und temporären Wohnangeboten ergänzt. An der nördlichen Schlachthofstraße wird das Gebiet zusätzlich durch einen Steg über den Naturpark für den Langsamverkehr angebunden. An der südlichen Schlachthofstraße wird der Aldi langfristig in eine neue Gebäudekomposition mit Wohnen im Obergeschoss und halböffentlichem Hof integriert.

Fabrikhof
Das westliche Gebiet wird von kleinen Gewerbe und Ateliernutzungen für die alte Fabrikstrasse in die neue Murrbühne gesäumt. Räumlich zusammengefasst mit dem Bestand entsteht ein öffentlicher Platz welcher zugleich Endhaltestelle der Buslinie ist. Die Planung ermöglicht kulturelle und partizipative Nutzungen durch die Bewohner*innen. Desgleichen die südlich an der Murr geplante Quaianlage mit Gastronutzung, als eine Promenade zum Treffen und Aufenthalt am Wasser. Nördlich angrenzend werden mit dem Bestand zwei grosszügiger Wohnhöfe gebildet. Einer mit Baumdach, der andere mit gemeinschaftlich genutzter Halle, welche im Sommer grossflächig geöffnet werden kann. Die durch den Kanal, auch zum Fischen, abgetrennte Insel an der Murr wird zum Sonnenwirt, einen Bauernhof.

Landschaft
Die Planung für den Bereich Fabrikplatz umfasst ein dreireihiges Blätterdach aus Laubbäumen zur Entwicklung einer städtischen Aufenthaltsqualität. Sämtliche angrenzenden Strassen, Gassen und Plätze werden ebenfalls durch Alleebäume, einreihig und doppelreihig, gestaltet. Weiter werden für diesen Bereich neue öffentliche Gartenformen wie die "produktiven Gärten" und die selbstverwalteten "Minigärten" geplant. Im Bereich der alten Mühle wird der Flusskanal aufgebrochen zu gunsten naturnaher, dynamischer Bereiche. Der durchgehende murrbegleitende Pfad entlang der neu definierten Hochwasserschutzgrenze erhält schattenspendende Bäume und eine grosse begrünte Pergolastruktur von angenehmer Dimension. Ausgehend vom umfangreichen Baumbestand wird das Gebiet um die Stadtwerke aufgeforstet und bewaldet. Welche einen Kontrast zur offenen Flusslandschaft auf der anderen Seite verstärkt Ganz im Westen, im Bereich Fabrikhof, wird der Zugang zum Fluss geöffnet. Im gemischten Umfeld von Wohnen, Kultur und Gastronomie definiert die neue Murrpromenade mit einem doppelreihigen schattenspendenden Blätterdach Aufenthaltsqualität. Ebenfalls sind sauerstoffspendende Bäume auf dem Fabrikhof vorgesehen. Direkt anschliessend an die Siedlung, windgeschützt und in bester Lage, wird ein «Wengert» kultiviert.


Landschaft: Luzius Saurer Landschaftsarchitekt, CH-Hinterkappelen
Verkehr/Mobilität: Emch+Berger Verkehrsplanung, CH-Bern
Wasserbau: Emch+Berger Ingenieure, CH-Bern
Soziologie: Prof. Christine Hannemann, D-Stuttgart
Bauherr: Stadt Backnang + Internationale Bauaustellung 2027 StadtRegion Stuttgart GmbH
Fläche: 16.7 ha