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Kirchenzentrum Paulus mit Wohnen   CH-Lupfig   2020   Studienauftrag

SITUATION
Das zu planende Areal für das neue Kirchenzentrum Paulus mit Wohnen befindet sich am westlichen Rand des bestehenden Ortszentrums. Die angrenzende Struktur ist baulich offen und wird mehrheitlich durch Wohnnutzung geprägt. Nordseitig wird das Areal durch die Flachsacher- und südseitig durch die Wydenstrasse begrenzt. Das im Westen liegende Altersheim und die grössere Überbauung im Osten schliessen die Situation räumlich ab. Kleinere Geschäfte und ein Detailhändler für den täglichen Bedarf definieren im Norden und Osten eine öffentliche Begegnungszone.
Der Bränteweg auf der Parzelle stellt die Langsamverkehrverbindung zwischen den beiden Hauptstrassen sicher und liefert in seiner nördlichen Verlängerung den Anschluss zur Bushaltestelle Trotte auf der Bahnhofsstrasse. Die Übergange zwischen Öffentlich und Privat der umliegenden Bebauung werden durch Grünflächen definiert, wodurch die Gebäude zurückversetzt und nicht an den Strassen stehen.
Die bestehende Katholische Pfarrkirche St. Paulus besetzt den südlichen Teil der Parzelle und wurde durch die kantonale Denkmalpflege Aargau unter Schutz gestellt. Ihre Präsens und Position im Gebiet soll durch die neuen Ergänzungsgebäude nicht beeinträchtig werden. Dies erfordert einen entsprechenden baulichen Abstand und stellt dadurch nur den nördlichen Teil der Parzelle als Bauland zur Verfügung.

STÄDTEBAU
Der bestehende Pavillon des Kirchenzentrum Paulus wird vollständig abgebrochen und durch zwei Neubauten ersetzt. Das neue Kirchenzentrum ist eine übergreifende Gebäudekomposition, in welche die bestehende Kirche ein wichtiger Teil des neuen Ganzen ist. Durch ihre Stellung und Ausrichtung bildet sie mit den zwei neuen Volumen ein Zusammenspiel und Abfolge aus offen und geschlossenen öffentlichen Räumen. Zwischen den Gebäuden, zentral als Verteiler aber auch als Aufenthaltsort für das ganze Quartier, bildet eine neue Achse das Rückgrat des Kirchenzentrums, der «Cammino» (ital. für Pfad, Weg). Durch ihn erhält Lupfig an geeigneter Stelle mit angemessenen Nutzungen eine neue urbane Qualität mit hohem Aufenthaltscharakter.
Nördlich führt ein Platz als Anknüpfstelle den oberen Bränteweg und die Ladenpassage mit der neuen Verbindung zusammen. Die zwei neuen Volumen stehen am Cammino und suchen die Anschlüsse zu den Achsen und Wegen des Quartiers. Als neue Hauptfussgängerverbindung löst der Cammino den bestehenden Bränteweg auf der Parzelle ab und macht ihn überflüssig. Der frei gewordene Raum am Parzellenrand ermöglicht eine sanfte Integration der neuen Überbauung in den angrenzenden Bestand. Auch durch die Körnung und Höhenstaffelung fügt sich das Ensemble wie selbstverständlich in die umgebende Struktur ein.

ARCHITEKTUR
Ein massiver Sockel aus Beton beherbergt im Erdgeschoss die öffentlichen Nutzungen des Kirchenzentrums mit Saal und Verwaltung sowie KITA und Unterricht bzw. Jugendraum. Grosse ausladende Balkone schützen die Zugänge, welche durch grosse Öffnungen in der Fassade markiert werden. Das Foyer liegt als Vermittler zentral und kann nach Bedarf dem Saal zugeschlagen werden. Die Versorgung ist über die direkt angelagerte Küche effizient sichergestellt. Durch die präsente Lage und die dreiseitige Ausrichtung wird der Saal zum Kommunikationselement nach Aussen und kann auch als Schaufenster fungieren. Entsprechend des gewünschten Anlasses kann die Raumakustik und die Einsicht durch Vorhänge gesteuert werden. Die Zwischenräume der längslaufenden Tragstruktur in der Decke stehen für Installationen und Bühnentechnik zur Verfügung. Über einen zusätzlichen Einschnitt wird die Treppe erreicht, welche die Wohnungen in den Obergeschossen erschliesst. Der Erschliessungsraum aus Beton ist offen und spannt von Fassade zu Fassade. Grosszügigkeit und Tageslicht machen es zum attraktiven Begegnungsort der Hausbewohner. Die Wohngeschosse sind in Holzelementbau konzipiert, dessen Deckenelemente ausladen und als Balkone genutzt werden können. Vor- und Rücksprünge dieser reagieren entsprechend der Grundrisse und zonieren die privaten Aussenräume. Das umlaufende Brüstungselement mit durchlässigen Metallnetz bildet einen Kontrast zum dominierenden Holz und verleiht dem Gebäude eine subtile Eleganz.

KIRCHENBAU
Der Hauptraum der Pfarrkirche bleibt als integral geschütztes Element vollständig erhalten. Die Umbaumassnahmen beinhalten den Bereich unter dem Glockenturm und hinter der Chorwand. Hier sind WC, Sakristei und deren Umkleide vorgesehen. Der Versöhnungsraum wird überhoch gestaltet und erhält dadurch sakralen Charakter. Für die Ministranten steht im Obergeschoss ein grosszügiger Raum zur Verfügung. Im Erdgeschoss wird der Einbau unterhalb des Glockenturms sanft zurückgebaut um den Altarraum gedeckt am Seitenzugang vom Cammino anzubinden.

ERSCHLIESSUNG
Die wichtigste Erschliessung stellt der Cammino für den Fuss- und Veloverkehr dar. Über querliegende Anschlüsse wird er in das bestehende Netz eingebunden und komplettiert das umliegende Wegesystem. Entlang der Flachsacherstrasse sind vier und an der Wyderstrasse sechs Besucher Parkplätze rechtwinklig angeordnet. Die Erschliessung der Tiefgarage erfolgt rechtwinklig zur Flachsacherstrasse und ist eingeschossig im Gegenverkehr, Komfortstufe B organisiert. Insgesamt stehen 38 Parkplätze zur Verfügung. In Rücksichtnahme auf die bestehenden Bäume sowie der Möglichkeit von neu Pflanzungen wurde die Ausdehnung der Tiefgarage optimiert und kompakt gehalten. Von den insgesamt 66 Veloabstellplätzen auf der Oberfläche sind 40 gedeckt bei den Eingängen angeordnet. Zusätzlich gibt es weitere 20 in der Tiefgarage.

WOHNEN
Verteilt auf zwei Gebäude werden insgesamt 26 Wohnungen realisiert. Sie werden in beiden Gebäuden effizient als Vierbünder organisiert und verfügen jeweils über zwei Ausrichtungen über Eck. Raumhohe Fenster liefern an der umlaufenden Balkonschicht einen maximalen Aussenraumbezug. Der grosszügige Erschliessungsraum des Treppenhauses steht den Hausbewohnern zur Aneignung und Bespielung zur Verfügung. Über das klassische Wohnungsangebot hinaus können vier Joker-Zimmer direkt am Kern beispielsweise als Gäste- oder Atelierraum genutzt werden.


Landschaft: extrā Landschaftsarchitekten AG, Bern
Bauherr: Kath. Kirchgemeinde Brugg, Faires Wohnen kirchliche Wohnbaugenossenschaft Aargau
Fläche: 5'282 m2 GF