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Blaugrüner Ring   D-Düsseldorf   2018   Wettbewerb

SITUATION
Eine Stadt ist wie ein Mensch. Sie hat einen Körper, einen Geist, eine Seele. Sie hat Charakter, Gemüt, eine Identität. Ihr Körper hat Herz, Lunge, Blutkreislauf und viele spezialisierte Organe. Wie ein Mensch entwickelt sich die Stadt, reift, erbringt Leistungen, lässt sich zuweilen auch gehen. Zu einer guten Stadt fühlen wir uns hingezogen, obwohl es keine gibt, welche nicht auch ungewöhnliche Eigenschaften, ja Macken hat. Düsseldorf steckt nicht in der Krise, es besinnt sich bloss auf sich selbst. Menschen aus und in Düsseldorf haben grossartiges geleistet, haben den Namen der Stadt längst in die Welt hinaus getragen – Heinrich Heine, Florian Schneider, Joseph Beuys und viele andere. Aber wie jeder Mensch macht auch diese Stadt Phasen der Neuorientierung durch. Düsseldorf braucht Zeit zum Nachdenken, Zeit, sich selbst zu erkennen, sich weiter zu entwickeln. Düsseldorf braucht einen Prozess, aus dem es an Körper und Geist gestärkt hervor geht. LEITIDEE
Die Wettbewerbsaufgabe für den blaugrünen Ring zielt aufs Gesamte. Das Verfahren hält nach grossen Ideen Ausschau. Wir schlagen Massnahmen unterschiedlicher Interventionstiefe vor, im Grossen wie im Kleinen. Hierfür haben wir stellvertretend acht Interventionsräume ausgewählt. Zunächst wird der Perimeter vom Bahnhof bis nach Oberkassel neu gedacht. Dann wird eine Stadtmitte geschaffen, an welcher die wichtigsten Verbindungen zusammenlaufen. Dadurch wird die Orientierung verbessert, besonders für Aussenstehende und Gäste. Die viel zu wenig bekannten Monumente Düsseldorfs werden bezeichnet und in Szene gesetzt. Ungenutzte und unterdefinierte Situationen werden aufgewertet, Leerstellen werden besetzt, nachverdichtet, präzisiert und geklärt. Der Vernetzungsprozess einzelner Teilräume wird weiter geführt. Im Zentrum des Projekts steht ein Ort, welcher die kulturelle Energie und die Geschichte Düsseldorfs in einem Mass fokussiert und ausstrahlt, welches über die Möglichkeiten der vorhandenen Institutionen hinaus reicht.
1. Akademie
Die Akademie wird neu verortet. Der immanente Widerspruch ihrer Erscheinung zum Hofgarten, bislang gleichzeitig Schaufassade, aber auch Rückseite, wird aufgelöst. Die Aufhebung der Fritz Roeber-Strasse schafft hierfür Raum. Zwei eingeschossige Werkstattbauten bilden mit dem Sockel des altehrwürdigen Gebäudes einen Werkhof zwischen Stadtmitte und Hofgarten. Den Abschluss der Situation gegen die Hofgartenrampe bilden als Reminiszenz zum längst verschwundenen alten Hafenbecken zwei Wasserflächen. Hier werden die Fusswege vom K20 und vom Rheinufer her gebündelt. Der Durchgang zum Hofgarten und zur Tonhalle wird verbreitert und begradigt. Dadurch entsteht eine direkte Sichtverbindung in den Hofgarten. Mit der neuen Unterführung wird eine Teilerneuerung der U-Bahnstation und des Ehrenhofs der Tonhalle in Angriff genommen.
2. Lückenschluss
Die Kante der des Rheingärtchens wird flusswärts verschoben. Die Erschliessungsrampe wird entfernt, der Fischmarkt und die Parkplatzebene werden von Norden her neu erschlossen. Damit wird die bestehende Plattform des Joseph-Beuys-Ufers als Aufenthaltsort und Promenade erweitert und die Lücke zwischen Rheinpromenade und Rheingärtchen wird räumlich geschlossen. Zwischen der Inselstrasse und dem Ulanendenkmal wird ein Übergang geschaffen und der Achsenbezug gestärkt. Das Fortuna-Büdchen wird in die Flucht der Oederallee verschoben und mit dieser verbunden. Es tritt fortan mit dem Denkmal als ungleicher Zwilling auf.
3. Mitte
Der Raum zwischen Wilhelm-Marx-Haus und K20, zwischen Kunsthalle, Oper und Kaufhof wird geöffnet und neu definiert. Heinrich-Heine-Allee, Heinrich-Heine-Platz und der unterirdische Knoten der Stadtbahn werden zu einer als Ganzes erkennbaren Stadtmitte mit Aufenthaltsqualität zusammengefasst. An diesem Platz kommt von der Kultur über die Gastronomie bis zum Kommerz alle Nutzungen zusammen, die die Aura einer Grossstadt ausmachen. Die diesen Raum definierenden Monumente werden räumlich und bildlich zusammen geführt. Von dem neuen Zentrum aus führen die wichtigsten bestehenden Achsen in die angrenzenden Stadtteile. Das städtebauliche Instrumentarium arbeitet mit klar erkennbaren Figuren, Verdoppelungen, gerichteten Räumen. Ein schmaler Neubau mit Arkadencharakter hält das Ganze zusammen.
4. AnanasPalast
Die Stadt trägt die Düssel im Namen, den Rhein im Gemüt. Der blaugrüne Ring wird an der Westseite über den Rhein erweitert. Hier draussen gründet im Schwemmland ein neuer Solitär – der AnanasPalast. Dieses neue Monument wird vom Rheinufer aus weiträumig zum Blick- und Referenzpunkt – umgekehrt präsentiert sich Düsseldorf von hier aus in einer unerwarteten Panoramaansicht. Als künstliche Insel wandelt er sich zeitweilig zum Fels in der Brandung, zum Floss, zum Wellenbrecher, zum Findling. Das Wasser steigt und fällt, die Kirmes kommt und geht. Der Weg hierher führt von der Stadtmitte über den Burgplatz, über eine Fussgängerbrücke und weiter nach Oberkassel, wo er in eine platzartige Andockstelle mündet. Im Fokus der Aktivitäten dieser Institution stehen Düsseldorf als Kulturstadt, seine Kunst, seine Akademie. Das Herz der Anlage ist ein als Black Box konzipiertes Ausstellungszentrum im Sockel. Im Dach sammelt ein Archiv und Schaulager die kulturellen Erzeugnisse der Stadt. In der offenen Mitte entsteht als Publikumsmagnet eine öffentliche Ebene mit Gastronomie und Aussichtsplattform.
5. Bahnhofstrasse
Mit der Begradigung des Anschlusses zwischen Immermannstrasse und Konrad-Adenauer-Platz erhält Düsseldorf eine Bahnhofstrasse und einen Bahnhofplatz. Dadurch wird eine Fussgängerbeziehung geschaffen, welche durch die Schadow-Arkaden an den Heinrich-Heine-Platz führt und als Orientierungsgrösse die Stadtmitte mit dem Bahnhof verbindet.
6. Behrensplatz und Pavillon
Die Verbindungsstelle zwischen dem Spee’schen Graben und dem Rhein mit der Rheinuferpromenade wird mit einer kleinen Platzanlage geöffnet. Zwei Fussgängerbrücken verbinden den Spee’schen Graben mit diesem neuen Behrensplatz und dem Rosengarten. Auf der Platzfläche entsteht ein offener Pavillon, der als Seismograf und Katalysator temporär für wandelnde kulturelle Aktivitäten zur Verfügung gestellt wird.
7. Haroldstrasse
Das Kögärtchen steht in Beziehung zum Corneliusplatz an der gegenüberliegenden Seite des Stadtgrabens. Diese beiden Räume werden platzartig gestaltet. Am Kögärtchen wird die Einfriedung aufgebrochen. Mit der freigelegten Sichtverbindung zum Schwanenspiegel dient dieses fortan als wichtiges Scharnier im blaugrünen Ring. Der Graf-Adolf-Platz bildet eine städtebauliche Leerstelle. Hier wird die Stadtstruktur gestärkt, indem die Freifläche neben dem GAP 15 mit einem höheren, turmartigen Gebäude besetzt wird. Weiter wird die Bebauung des Schwanenmarktes empfohlen. Damit wird das gleiche Ziel verfolgt, die Haroldstrasse zu fassen und den Fokus auf den Schwanenspiegels als öffentlichen Raum im blaugrünen Ring zu richten.
8. Hofgarten
Das NRW-Forum bildet neu den westlichen Abschluss des Hofgartens. Hierfür wird der Übergang am Ehrenhof ausgeräumt und geöffnet. Der Werkhof des Gartenbauamts zieht an die Kaiserstrasse um, wo er in eingeschossigen Betriebsgebäuden einen Beitrag zum Schallschutz leistet. Innerhalb der Parkanlage werden die Wege priorisiert und teilweise verbreitert, an Knotenpunkten werden Kioske aufgestellt. Das Grün auf den Freiflächen wird stellenweise ausgeräumt, hingegen wird die Bepflanzung an den Rändern verdichtet. An der Kaiserstrasse werden zwei neue Zugangspforten mit Fussgängerstreifen von der Rosenstrasse und der Gartenstrasse geöffnet. Hierfür wird die Fahrspur der Strassenbahn in die Strasse integriert. An der Mündung der Jägerhofstrasse werden analog zum Ratinger Tor zwei neue Pförtnerbauten errichtet. Der Malkasten wird mit einer Querung über die Jacobistrasse an den Hofgarten angebunden. Der Achsenbezug von der Stadtmitte zum Schloss Jägerhof wird gestärkt, indem der Aussichtspunkt am Grabbeplatz befestigt wird.


Künstler: Axel Hütte, Düsseldorf
Architekturhistoriker: Christoph Schläppi, Bern
Verkehr: Emch+Berger Verkehrsplanung AG, Bern
Bauherr: Stadt Düsseldorf
Fläche: 5.5 ha