Zentrum Guggerbach CH-Davos 2022 Projektwettbewerb, 2. Preis
SITUATION
Die Bebauungsstrukur in Davos Platz ist mehrheitlich durch grossmassstäbliche Wohn- bzw. Hotelgebäude geprägt.
Das räumliche Gefüge wird durch an Strassen angrenzende Häuser charakterisiert, wodurch Übergangsbereiche zwischen „öffentlich“ und „privat“ grösstenteils entfallen. Die Häuser sind nach der Sonne gerichtet und profitieren von einer weiten Aussicht auf die umliegenden Bergketten. Zusammenhängende, nutzbare Aussenräume befinden sich geschützt in den Höfen oder sind eingezäunt den Häusern zugeordnet. Eine Ausnahme bildet hier der Garten Guggerbach, der sich als öffentliche Anlage, zwischen Holsboerweg und Platzstrasse, aufspannt. Er ist Aufenthalts- und Bewegungsort für die Quartier- und Hausbewohnerschaft.
Die Materialisierung der Gebäude in Davos ist überwiegend mineralisch. Besonders ortsprägend sind die, ab Mitte des 19. Jahrhundert entstandenen, Sanatorien, die heute meist als Hotels genutzt werden. Diese Flachdachbauten zeichnen sich vor allem durch ihre filigrane Tragstruktur und eine grosszügig dimensionierte, vorgesetzte Balkonschicht aus. Darüber hinaus war die für Davos charakteristische Gesundheits- und Tourismusarchitektur Wegbereiter für die Architektur der Moderne im 20. Jahrhundert.
STÄDTEBAU UND ARCHITEKTUR
Der Neubau wird als gestaffeltes, dreiteiliges Volumen direkt an die Platzstrasse gesetzt. Zusammen mit Haus C, bildet der Neubau den südlichen Abschluss des Zentrum Guggerbach. Die Gebäudehöhen der umliegenden Häuser übernehmend, fügt sich der Neubau rücksichtsvoll in die bestehende Bebauung und das städtebauliche Gefüge ein. Durch die Platzierung am südlichen Rand des Areals wird die Beeinträchtigung gegenüber bestehender Gebäude, bezüglich Verschattung und Bebauung, so gering wie möglich gehalten.
Der neue Haupteingang befindet sich in einem markanten Zwischenbau an der Oberen Strasse. Von hier aus werden die Häuser A und C sowie der Neubau Haus D und die Gartenanlage erschlossen. Durch die periphere Setzung des neuen Volumens, wird der Garten durch einen ruhigen Hof ergänzt. Zusammen bilden sie das neue grüne Herz der Anlage.
Die Zufahrt zu den neuen Wohnungen erfolgt über die Platzstrasse. Hier, am tiefsten Punkt des Baufelds, auf Niveau -3, kann über eine Vorfahrt mit seitlicher Abfahrt, die Einstellhalle auf Niveau -4 erreicht werden. Über einen grosszügigen Eingangsbereich mit anschliessendem Garderobenraum werden im Hochparterre die fünf Studios erschlossen.
Über eine Passerelle auf Niveau -2, erfolgt der Anschluss zu den Häusern A und C. Hier befinden sich auch die halböffentlichen Nutzungen wie Shop, Coiffeur und Fitness. Ausserdem dient die Passerelle als Wandelhalle und ist, dank der Sitznischen, halböffentlicher Treffpunkt für die Bewohnerschaft. Durch die grossen Verglasungen gelangt einerseits viel Tageslicht ins Innere, andererseits sind Ausblicke in den Garten möglich, der zudem von der Passerelle aus, direkt zugänglich ist. So wird gewährleistet, dass der Verbindungsbau über seine Nutzung als zentrales Erschliessungselement hinaus, ein Ort mit besonders hoher Aufenthaltsqualität darstellt.
Der Regelgrundriss des Neubaus ist als Fünfspänner organisiert. Das Treppenhaus liegt direkt an der Fassade. Tageslicht verbessert die Orientierung und unterstreicht den exklusiven Charakter der Bebauung. Jede der Wohnungen verfügen über mindestens zwei Fassadenausrichtungen und eine quadratische Eckloggia, die auch die Zonierung des Wohn- und Essbereichs mit Küche vornimmt. Die Bäder und Nebenräume sind effizient und kompakt vom Korridor bzw. Eingangsbereich erschlossen. Zwei Wohnungstypen werden angeboten, die sich im Bereich der Zimmeranordnung unterscheiden. Beim ersten Typus werden alle Zimmer über den Korridorbereich erschlossen, wodurch sich diese Wohnungen durch einen hohen Grad an Privatheit auszeichnen. Beim zweiten Typus gliedern sich die Zimmer um den Wohn- und Essbereich, wodurch die Wohnung einen höheren Grad an Flexibilität durch eine mögliche Wohnraumerweiterung, anbieten.
Der neue Hauptzugang, ein Einschubvolumen, wird als Fuge zwischen Haus C und Haus A organisiert. Hier tritt ein grosses Vordach mit Wandscheibe, das den Eingang strassenräumlich markiert und gleichzeitig Witterungsschutz beim Aussteigen bietet, zum Vorschein. Über einen Windfang gelangt man an die Schnittstelle zwischen Alt und Neu und kann von dort alle Zentrumshäuser erreichen. Linksseitig empfängt die neue Rezeption mit angrenzender Lounge und Briefkastenanlage. Rückseitig befindet sich das Backoffice mit Büros und Besprechungsräumen.
Im Einschubvolumen spannt sich die Lobby mit Kinderbereich und Bistro von Fassade zu Fassade, von der Aussenterrasse zum Vorplatz.
Eine Treppe verbindet den Eingang mit der Passerelle zum Neubau. Alternativ steht im Haus C ein neuer Lift zu Verfügung. Durch die günstige Lage im Zentrum ist der neue Zwischenbau sowohl Ankommen und Verteilen als auch Treffen und Verweilen und kann als öffentlicher Knotenpunkt verstanden werden.
Die Fassade wird durch Simse und runde Stützen horizontal wie auch vertikal gegliedert. Zwischen dieser Struktur werden stehende Felder mit gleichhohen Fenstern ausgebildet. So vermag die Fassade, trotz ihrem hohen Glasanteil, zwischen den ortstypischen Lochfassaden und den aufgelösten Hotelfassaden vermitteln. Das unterste Geschoss wird jeweils zum Sockel ausgebildet, wodurch das grosse Volumen eine zusätzliche Gliederung erfährt und den menschlichen Massstab miteinbezieht.
Das Sujet der licht- und luftdurchlässigen Fassaden, ausgehend vom Typus des Davoser Sanatoriumsbau, wird thematisch aufgegriffen und an die Wohnungsnutzung angepasst. Durch die offen gestalteten Balkone, die hervorstehenden Simse und die vorgelagerten Stützen wirkt die Fassade des Neubaus luftig und wird de facto aufgelöst. Die Ecken der Gebäudevolumen werden aufgebrochen, wodurch das Gebäude als weniger dominant wahrgenommen wird und sich besser in seine Umgebung einfügt. Ausserdem haben die hervortretenden Bauteile die Aufgabe, die Fassade vor Umwelteinflüssen und die Bewohnerschaft vor Einblicken und Witterung zu schützen.
Dadurch, dass die Wandscheiben zwischen den Fenstern verputz sind, nimmt die Fassade des Neubaus das örtliche Thema der mineralischen Fassaden auf. Farblich möchte das städtisch wirkende Gebäude, sich in seine Umgebung einfügen, weshalb viele unbehandelte und natürliche Materialien zum Einsatz kommen. Die roten Stoffstoren sind ein Verweis auf das Hauptgebäude, Haus A.
UMGEBUNG
Die städtebauliche Setzung ermöglicht es den bestehenden Garten nach Süden zu erweitern und mehrseitig anzubinden. Entlang der Platz- und der Oberen Strasse ist eine blumige Bepflanzung vorgesehen, welche die Bewohnerinnen und Besucher jeweils bei den Eingängen empfängt und die Adresse des Zentrum Guggerbachs zusätzlich abbildet. Der Garten im Zentrum der Anlage ist von den Erschliessungszonen und den Wohnungen einsehbar. So kann die Bepflanzung als verbindendes Element zusätzlich zur Orientierung beitragen.
Der allseitig einsehbare Innenhof , umringt von Bauten, soll seinerseits als Raumkörper fungieren, weshalb Einzelbäume als Filter eingesetzt werden. Hierfür sollen heimische Pflanzen, nämlich Lärchen (Larix decidua), einzelnen Arven (Pinus cembra), Vogelbeeren und eine alpine Unterbepflanzung zum Einsatz kommen.Die Erschiessungswege mit Aufenthaltsbereichen im Aussenbereich sind allesamt schwellenlos und rollstuhlgerecht. Die gesamte Umgebungsgestaltung setzt sich zum Ziel nachhaltig, verbindend und möglichst schonen mit dem bestehenden Freiraum im Südosten umzugehen.
Baumanagement: Akeret Baumanagement AG, CH-Bern
Landschaft:extra Landschaftsarchitekten AG, CH-Bern
Bauingenieur:WMM Ingenieure AG, CH-Münchenstein
Holzbauingenieur: Makiol Wiederkehr AG, CH-Beinwil am See
Gebäudetechnik:EPRO Engineering AG, CH-Bern
Bauherr: Stiftung Zentrum Guggerbach
Fläche: 11'777m2 GF