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Arealentwicklung Bostudenzelg   CH-Thun   2019   Ideenwettbewerb

AUSGANGSLAGE
Das Areal Bostudenzelg entspricht weitgehend der Fläche, welche von den seit dem späten 20. Jahrhundert realisierten Quartierbebauungen frei gelassen wurde. In der unmittelbaren Nachbarschaft bestehen überwiegend Wohnnutzungen. An der Nordseite profitiert das Areal von der Nähe zum Gotthelfschulhaus und Robinsonspielplatz. Die Südseite steht im Einflussbereich des Gewerbe- und Industriequartiers Schoren mit grossformatigen Gebäuden und versiegelten Flächen. Wichtige räumliche Bezüge des Terrains bestehen zum Subzentrum an der Schulstrasse / Schorenstrasse / Freiestrasse im Nordosten und zum nahe gelegenen See mit Park- Sport- und Freizeiteinrichtungen. Über zahlreiche Anschlusspunkte an allen vier Seiten ist das Areal mit den angrenzenden Quartieren vernetzt. Nur vereinzelte Elemente prägen das periphere, mit offener Bauweise auf privaten Parzellen recht homogen umbaute Terrain: Eine Reihe von Obstbäumen, die Parzellengrenzen, einige bestehende und wenige potentielle Anschlüsse von Strassen und Fusswegen. Historisch und typologisch verbürgt sind der Weiler Schoren, vereinzelte einfache Bauernhäuser mit Obstgärten, das offene Feld. Als eine der wesentlichen Qualitäten orten wir die Gegenwart der Berge, die sich in einer einzigartigen, panoramaartigen Rundumsicht darbieten.

STÄDTEBAULICHE WEICHENSTELLUNG
Die städtebauliche Herausforderung liegt im Entscheid, welche räumliche Typologie, welches Bebauungsmuster hier Glaubwürdigkeit entfalten kann. Macht es auf dem letzten verbleibenden Terrain im Teppich der vorhandenen Bebauungen Sinn, eine grundlegend neue Typologie anzupacken? Wie kann im homogen besetzten Raumkontinuum die Identität eines wiedererkennbaren Ortsteils, eine städtebauliche Markierung gewissermassen gesetzt werden, ohne vorhandenen Indifferenzen eine weitere hinzuzufügen? Wie können vorhandene örtliche Qualitäten sinnvoll eingebunden und durch einen neuen Kontext gestärkt werden? Wie kann hohe Vernetzung und integrative Wirkung erzielt werden? Wie kann dem Bestand ein freundlicher, affirmativer Kontext hinzugefügt werden? Wie können hier Keimzellen urbaner Anmutung inkubiert werden? Oder zusammenfassend gefragt: Welches Mass an Öffentlichkeit lässt sich in diesem Kontext implantieren bzw. wieviel Urbanität kann von einer neuen Quartierbebauung getragen werden?

LEITIDEEN
Unser Projekt geht vom Motiv des Weilers aus – einer kleinen Baugruppe mit gemeinschaftlich genutztem Aussenraum. Wir schaffen mehrere solche Orte der Dichte, angeordnet um kleine hofartige Plätze mit spezifischer Öffentlichkeit und Identität. Zwischen diesen Konfigurationen öffnen sich Bereiche der Leere – Obstwiesen, welche übergeordnete Landschaftsbezüge herstellen. Bei der Bebauung kommen drei Haustypen zur Anwendung: Turm, Villa und Riegel. Sie fassen die hofartigen Plätze in unterschiedlichen, kompakten Arrangements. Die unterschiedlichen Typen sprechen unterschiedliche Zielgruppen an, so wird die Diversität der BewohnerInnen gefördert. Die Dualität der beiden erwähnten Aussenraumqualitäten ist in jedem Haus, in jeder Wohnung gegenwärtig, erleichtert die Orientierung, schafft Spannung, Nutzungs- und Aneignungspotentiale. Die offene Bauweise in individuellen Konstellationen ermöglicht darüber hinaus eine Vielfalt von Sichtbeziehungen aller Wohnungen zu den landschaftlichen Blickpunkten der Berner Hochalpen, der Stockhornkette oder des Sigriswilergrats. Die Qualität dieser Ausblicke reicht bis hin zur unverstellten Premiumlage mit Seesicht. Der öffentliche Raum, das Quartierbild, wird von Sichtbezügen geprägt. Einerseits entlang der Erschliessungsstrassen: Über die der Perlenkette der Plätze hinweg ist die räumliche Gesamtfigur und die Ausdehnung des Quartiers auch an den am dichtesten umbauten Stellen wahrnehmbar. Sichtbezüge mit grundlegend anderer Wertigkeit bieten sich über die informell über die Gesamtanlage gelegten Mäander der Obstwiesen hinweg. Der Versatz in der Anordnung der Bauten führt in der überwiegenden Zahl der Konstellationen zu Tiefenstaffelungen als beherrschenden Raumeindruck. Die Teilbereiche A und B werden im Grundsatz gleich behandelt und mit den gleichen Gebäudetypen bespielt. Dem Bedürfnis, eine übergeordnete Anbindung an das Netz städtischer Zentren und Subzentren herzustellen, auch zusätzliche bauliche Diversität zu stiften, tragen wir mit der Eingangssituation an der Bubenbergstrasse Rechnung. Sie ist als Schnittstelle nach aussen lesbar, kommuniziert mit den in der Quartierumgebung vorhandenen Grossbauten und knüpft am historischen Standort der Schorenstrasse an. Mit der charakteristischen Erscheinung der hier vorgeschlagenen Bauten appellieren wir an das Lebensgefühl der Quartiergemeinschaft, die hier entstehen soll.


Landschaft: extrā Landschaftsarchitekten, Bern
Architekturhistoriker: Christoph Schläppi, Bern
Bauherr: Stadt Thun, Frutiger AG
Fläche: 4.5 ha, 58'590m2 GF