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Gesamtsanierung Volkschule Steckgut   CH-Bern   2019   Planerwahlverfahren

AUS EINER ANDEREN WELT
Das Steckgut war einst ein ländliches Idyll in räumlicher Nähe zur Stadt und doch im gemessenen Abstand zum Stadteingang an der Untertorbrücke. Dieses Gehöft, von dem in streng aufeinander bezogener Stellung noch der Wohnstock und das Pächterhaus existieren, wurde im Verlauf der Industrialisierung in die Stadt arrondiert, wuchs an diese heran und gleichzeitig in das neue Lorraine- quartier ein. Das Steckgut setzt der Lorraine bis heute ein besonderes Glanzlicht auf und bereichert das zu einem Stadtraum hoher Dichte und Durchmischung zusammengewachsene Quartier als grüne Insel. Der ursprüngliche spätbarocke Stock – ein klassizistisches, herrschaftliches, rationales Gebäude – wurde in den 1950er Jahren mit einer geschmeidigen, kleinteiligen Intervention überformt. Beide Wesenszüge, jene des 18. und jene des 20. Jahrhunderts, haben Geltung und verdienen Beachtung. Das Gebäude soll die Erinnerung an beide wichtigsten Phasen seiner Vergangenheit behalten und nun um ein zeitgemässes Element bereichert werden. Dies gilt gleichermassen für Struktur und Massstab wie auch für Ausdruck und Wesen des Gebäudes.

UMGEBUNG
An der Nordspitze des urbanen Lorraine-Quartiers definiert der Nordring zusammen mit der Lorrainestrasse ein Stück Quartier-Scholle. Der Freiraum rund um das Steckgut ist hier zu einem wichtigen Nachbarschaftszentrum und Ankerpunkt gewachsen. Historische Bilder illustrieren die Einbettung der Gebäude in einen gemeinsamen Aussenraum. Die bis zum Ende des 19. Jahrhunderts grosszügige spätbarocke Gartenanlage wich mit dem Bau der Roten Brücke und der Eisenbahn der Quartierbebauung. Betrachtet man die Gartenanlage beider Gebäude heute, so sind unterschiedliche gestalterische Entwicklungen ablesbar. Die schleichende Veränderung unter Verwendung zeittypischer Materialien wie Betonplatten, Asphaltbelag und Stellriemen wie auch vegetativer Fragmente hat den Aussenraum der Schule stark beeinträchtigt und diesen vom Kitagebäude abgetrennt. Ein wichtiger Konzeptansatz ist die gemeinsame Materialebene, welche das Gleichgewicht und die Zugehörigkeit beider historischen Bauwerke zurückbringt. Wie es die Belagsfläche des renovierten Lorraineguts vorgibt, soll eine einheitliche Kiesebene beide Gebäude in ihrer Ost-West Achse umspannen und stärken. Beide Bauten stehen somit auf Kiesflächen. Das Zonierungskonzept der Freiraumkammern, welches den historischen Situationsplänen zu entnehmen ist, wird aufgenommen und neu interpretiert. Die neu eingefassten Intarsien sollen die verschiedenen Nutzerbedürfnisse thematisieren und sind in ihrer reduzierten Materialisierung (Kies, Festkies und Rasen/Wiese) aufeinander abgestimmt. Die östliche Freiraumkammer ist als gemeinsame Spielfläche für Kleinkinder angedacht. Ein Heckenrahmen definiert hier den gemeinsamen naturnahen Spielraum. Für die grösseren Nutzer ist Raum für Bewegung und Begegnung auf dem westlichen Pausenplatz vorgesehen. Kulissenartige Heckenkörper zonieren spielerisch die verschiedenen Spielangebote. Die Inlays zur Zugangs- und Adressseite bieten Platz für ein multifunktionales Schopfsystem. Für gedeckte Veloparkplätze und Containerstellflächen fungiert diese als offene, für die Geräteräume diverser Nutzer als geschlossene Struktur.

GARTEN
Aufgrund von Gesprächen mit Nutzern und der vorgefundenen Pflanzkisten sehen wir zur Südseite einen grosszügigen gefassten Nutzgarten (Schulgarten) vor. Dieser wird auch als historische Referenz zum vergangenen Wylergut verstanden. An die Gestaltung einer Villa aus dem 18 Jahrhundert angelehnt, können mobile Pflanztöpfe nach Wunsch zusätzliche Séparées für Sitzmöbel rund um das Schulhaus zonieren. Ein neuer fussläufiger Kiesweg soll die Ost-West Achse zusätzlich stärken und das Quartier besser einbinden. Das Rasenfeld bleibt erhalten und wird über ein Spiel aus kulissenartigen Heckenkörpern an die Schule angebunden. Um das Gebäudeensemble nach aussen wieder zu stärken, schlagen wir vor, die bestehenden alten Säulenpappeln zu fällen und das Fragment der Robinienreihe rund um die Anlage zu einem Bogen zu komplettieren. Da Säulenpappeln im Alter zu Stockfäule tendieren, sehen wir den Bestand kritisch und nicht als Zukunftsbäume. Ein grosser bestehender Schnurbaum markiert den Treffpunkt auf dem Pausenhof und dient als Portier der Anlage. Gut gewachsene Lindenbäume definieren als Dreiklang den Raum zwischen Kita und Schule. Der westliche vegetative Arealabschluss in Form einer geschnittenen Hainbuchenhecke wird aufgenommen und um das Areal erweitert. Diese unterstreicht den gleichwertigen historischen Kontext beider Gebäude und bindet das Ensemble stärker zusammen.


Baumanagement: SAJ Architekten AG, Bern
Landschaft: Westpol Landschafts Architektur GmbH, Basel
Architekturhistoriker: Christoph Schläppi, Bern
Bauherr: Hochbau Stadt Bern
Fläche: 920m2 GF